„Hitzschlag“: Ein Thema sogar für das NEJM

Yoram Epstein und Ran Yankovich aus Tel Aviv haben im New Engl J Med eine Übersichtsarbeit zum Thema Hitzschlag publiziert:

Epstein Y, et al. Heatstroke. NEJM 2019;380:2449-59 (DOI: 10.1056/NEJMra1810762)

Das Spektrum möglicher Auswirkungen von Hitze oder Sport bein Hitze ist sehr groß, daher hier eine kurze Zusammenfassung des sehr guten Reviews:

  • Hitzschlag ist charakterisiert durch:Dysfunktion des Zentralen Nervensytstems
    • Multiorganversagen
    • extreme Hyperthermie >40,5 °C (rektale Messung)
  • Hitzschlag kann klassisch auftreten:v.a. Kinder und ältere Menschen
    • bei Hitzewellen
    • v.a. bei chronisch kranke Patienten (die nicht für sich selbst sorgen können)
    • Soziale Faktoren: Isolation
    • Vormedikamente: ß-Blocker, Diuretika, Caliciumkanalblocker, u.a.
    • trockene Haut
    • ZNS Dysfunktion häufig
    • selten Rhabdomyolyse
    • seltener akutes Nierenversagen (<5%)
    • milde Leberfunktionsstörungen
    • Calcium und Kalium normal
    • hohe Mortalität bei älteren Patienten (um 50%)
  • oder anstrengungs-assoziiert sein:erwachsene sportlich aktive Menschen
    • z.B. Feuerwehrleute, Soldaten, Sportler
    • normalerweise gesunde Personen
    • excessive Wärmeproduktion ohne ausreichende Wärmeableitung
    • häufig schweissig
    • ZNS Dysfunktion häufig
    • häufig Rhabdomyolyse
    • häufig akutes Nierenversagen (20-30%)
    • deutliche bis schwere Leberfunktionsstörungen
    • niedriges Calcium und erhöhtes Kalium
    • auf Drogen- und Alkoholeinnahme achten
    • niedrige Mortalität (<5%)

Diagnose:

  • Kombination aus neurologischer Auffälligkeit + Hyperthermie + 1) Kontakt mit heissem Wetter oder 2) (sportlicher) Aktivität
  • neurologische Auffälligkeit sind: Verhaltensänderungen, Verwirrtheit, Delir, Schwindel, Schwäche, Agitation, verwaschene Sprache, Übelkeit und Erbrechen, Krampfanfall
  • weitere Symptome: Tachykardie, Tachypnoe, Hypotension

Differentialdiagnose:

  • Meningitis, Encephalitis, Epilepsie
  • Drogeneinnahme (z.B., Atropin, MDMA, Kokain, Amphetamines)
  • schwere Dehydration
  • metabolische Syndrome (z.B. malignes neuroleptisches Syndrom, Katatonie, Serotoninsyndrom, „thyroid storm“, oder Phäochromozytom)

Phasenartiger Verlauf

  • 1) hypertherme-neurologische Akutphase
  • 2) hämatologisch-enzymatische Phase
  • 3) renal-hepatische Phase

Komplikationen:

  • Hirnödem
  • Multiorganversagen (innerhalb von 24-48 h)
    • DIC
    • Nierenversagen
    • Leberversagen
    • Rhabdomyolyse

Therapiekonzept – prähospital:

  • kardiopulmonale Reanimation, wenn notwendig
  • Gabe von Sauerstoff bis Pulsoxymetrie >90%
  • Temperaturkontrolle (wenn möglich rektal) und Temperatursenkende Massnahmen (kaltes Wasser bei Sport-assoziiertem Hitzschlag)
  • 1-2 l/h Isotone Flüssigkeit
  • bei Krampfanfällen: Benzodiazepine
  • Transport (ggf. unter Kühlungsmassnahmen) in eine Notaufnahme

Therapiekonzept – Notaufnahme:

  • Temperaturkontrolle (a.e. rektal oder intravesikal) kontinuierlich und Kühlung bis Körperkerntemperatur <38,0°C
  • Nutzung von 4°C kalten Infusionslösungen (1000 ml/30 min), Zentraler Venenkatheter
  • keine antipyretischen Medikamente
  • Dantrolen wird aktuell untersucht (ClinicalTrials.gov: NCT03600376)
  • bei Krampfanfällen: Benzodiazepine oder Phenytoin i.v.
  • Laboruntersuchung inkl. kleines Blutbild, Urinanalyse, Blutkulturen, Nieren- und Leberwerte (ALAT, ASAT, Ammoniak, INR), Glukose, Elektrolyte, arterielle Blutgasanalyse, CK, LDH, Myoglobin, CRP
  • Circulation: Volumensubstitution (30 ml/kg), invasive hämodynamische Monitoring, MAP>65 mm Herzliche Grüsse Michel, normales Laktat, Urin-Output >50 ml/kg/h, Vasopressoren wenn Volumentherapie nicht ausreichend ist
  • ggf. Verlegung auf ICU

Prävention:

  • Aufenthalt in gekühlten Räumen bei Hitzewelle
  • regelmässige kalt duschen
  • weniger Anstrengung und Sport nur zu kühleren Tageszeiten
  • ausreichende Rehydrierung
  • Verhinderung von sozialer Isolation (um ältere Mitmenschen kümmern)

One thought on “„Hitzschlag“: Ein Thema sogar für das NEJM

  1. Schöne Zusammenfassung! Auch Dank an Michel und die CTRL-Taste!

    „Circulation: Volumensubstitution (30 ml/kg), invasive hämodynamische Monitoring, MAP>65 mm Herzliche Grüsse Michel, normales Laktat, Urin-Output >50 ml/kg/h, Vasopressoren wenn Volumentherapie nicht ausreichend ist…“

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