Wiederholte Adrenalinegaben und Überleben bei der Reanimation

Das Thema Adrenalin ist weiterhin ein HOT TOPIC in der Reanimatologie. Aus England wurde gerade wieder eine Studie zu diesem Thema publiziert:

Fothergill RT et al. Repeated adrenaline doses and survival from an out-of-hospital cardiac arrest. Resuscitation 2019 online

Kurz zusammengefasst:

  • retrospektive Analyse
  • London Ambulance Service 
  • 1 Jahresevaluationszeitraum
  • n=3151 Patienten mit prähospitalen Herzkreislaufstillstand

Ergebnisse:

  • Es besteht eine inverse Beziehung zwischen kumulativer Adrenalinsdosis und Überleben bis zur Krankenhausentlassung und im 1 Jahresüberleben.

Abb: Beziehung zwischen der Anzahl an Adrenalingaben und dem Überlebensrate an Patienten bis zur Krankenhausentlassung bzw. 1-Jahresübelebens (n=3,151) nach den Daten von Fothergill et al. Resuscitation 2019.

„Breakpoint of mortality“: Kein Überlebender bei Patienten, die mehr als 10 Dosen Adrenalin benötigten. 

Abb: Beziehung zwischen der Anzahl an Adrenalingaben und dem Überlebensrate an Patienten bis zur Krankenhausentlassung bzw. 1-Jahresübelebens (n=3,151) nach den Daten von Fothergill et al. Resuscitation 2019.
Asystolie = Asystolie, VF/pVT = Kammerflimmern/pulslose Ventrikuläre Tachykardie, PEA = pulslose elektrische Aktivität

Interessante Nebenergebnisse:

  • Überlebende waren jünger als versterbende Patienten (50 vs. 70 Jahre)
  • Höher Anteil Männer bei Überlebenden als bei versterbenden Patienten (86 vs. 60%)
  • Überlebende weisen häufiger beobachteten HKS auf (81 vs. 62%)
  • Bystander Rate war in beiden Gruppen (Überlebende vs. versterbende Patienten) nicht-signifikant unterschiedlich: 47 vs. 42 %
  • Anteil Kammerflimmern/pulslose VT war bei Überlebenden als bei versterbenden Patienten (74 vs. 17%)
  • Erfolgrate der Intubation war in beiden Gruppen (Überlebende vs. versterbende Patienten) nicht-signifikant unterschiedlich: 36 vs. 41 %

 

One thought on “Wiederholte Adrenalinegaben und Überleben bei der Reanimation

  1. Wie immer die Frage nach der Henne und dem Ei, oder wie man es vornehm ausdrückt: der Kausalität! Wir haben in der letzten Zeit oft genug erlebt, dass Dinge „evidenzbasiert“ von der Bildfläche verschwunden sind, bis man festgestellt hat, dass das ein Fehler war. Ich behaupte, ohne die Studie näher zu kennen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit das Problem einfach an einer anderen Stelle startet: Natürlich gibt man bei einer länger dauernden Reanimation öfter Adrenalin. Wenn einer im RTW eine pulslose VT bekommt und noch vor der Degenration ins Kammerflimmern in den ROSC defibriliert werden kann: Kein Adrenalin, super Outcome. Nicht, weil kein Adrenalin gegeben wurde, sondern wegen einer No-Flow-Time von knapp 30 Sekunden. Finde ich in der Wohnung jemanden der bereits eine unbestimmte Zeit liegt, aber noch keine sicheren Todeszeiten hat: Hohe Now-Flow-Time, lange Reanimationsdauer, dementsprechend häufig Adrenalin, irgendwann zwar ROSC, trotzdem schlechtes Outcome. Und der Hirnschaden, der bei prolongierten oder verspäteten Reanimationen an der Tagesordnung ist, führt natürlich generell zu einem verkürzten Überleben, da man den Menschen ein Dahinvegetieren im Heim ersparen möchte und häufig genug dann Therapieregimes unter Berücksichtigung von Patientenverfügungen und Angehörigenbefragungen auf ein palliatives Konzept gewechselt werden. Macht Adrenalin also ein schlechtes Outcome? Mein Menschenverstand sagt mir: Eher nicht. Es ist allenfalls ein Marker für ein schlechtes Outcome. Zitat: „Überlebende weisen häufiger beobachteten HKS auf (81 vs. 62%)“. Wie überraschend!

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