Tranexamsäure bei intrazerebraler Blutung

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

In der TICH-2-Studie, die im Juni im Lancet veröffentlicht wurde, wurde der Nutzen der Gabe von Tranexamsäure (TXA) bei intrazerebraler Blutung (ICB) untersucht.

Sprigg et al. Tranexamic acid for hyperacute primary IntraCerebral Haemorrhage (TICH-2): an international randomised, placebo-controlled, phase 3 superiority trial. Lancet 2018; 391:2107-2115

  • Internationale, doppel-blinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte Multicenter-Studie
  • 124 Kliniken in 12 Ländern
  • Studienzeitraum 2013 bis 2017
  • 1 g TXA als Bolus gefolgt von 1 g TXA über 8 h innerhalb von 8 h nach Symptombeginn
  • n=1161 Patienten in der TXA-Gruppe vs. n=1164 Patienten in der Placebo-Gruppe
  • 82% der Patienten wurden im Vereinigten Königreich rekrutiert (großer Unterschied zu CRASH-2 und WOMAN)
  • Primärer Outcome-Parameter: neurologisches Behandlungsergebnis nach 90 Tagen
  • Sekundäre Outcome-Parameter: Hämatomzunahme, Krankenhausverweildauer, neurologisches Behandlungsergebnis nach 7 Tagen, Mortalität nach 7 und 90 Tagen, unerwünschte Nebenwirkungen u.a.

Ergebnisse:

  • Kein signifikanter Unterschied im neurologischen Behandlungsergebnis nach 90 Tagen
  • Geringere Zunahme der Hämatomgröße in der TXA-Gruppe: im Durchschnitt 3,7 ml (Standardabweichung 15,9 ml) vs. 4,9 ml (Standardabweichung: 16,0 ml), p=0,04
  • Weniger Patienten mit einer Größenzunahme des Hämatom in der TXA-Gruppe: 25% vs. 29%, p=0,03
  • Geringere Mortalität nach 7 Tagen: 9% vs. 11%, p=0,04
  • Kein Unterschied in der Mortalität nach 90 Tagen: 22% vs. 21%
  • Kein Unterschied in der Krankenhausverweildauer: 63 vs. 64 Tage
  • Kein Unterschied in thrombembolischen Komplikationen, obwohl die Patienten in dieser TXA-Studie deutlich älter waren (im Mittel 69 Jahre) und deutlich schwerer vorerkrankt waren als in anderen TXA-Studien (WOMAN oder CRASH-2)
  • Die einzige vordefinierte Subgruppe, deren neurologisches Behandlungsergebnis in der TXA-Gruppe signifikant besser war, war die Gruppe der Patienten mit einem Ausgangsblutdruck ≤170 mmHg systolisch: odds ratio (OR) für ein schlechtes neurologisches Ergebnis (Tod, vegetativer Status, schwere Pflegebedürftigkeit) 0,73 (95%-Konfidenzintervall: 0,59-,90)

Diskussion:

  • Obwohl die geringere Hämatom-Ausdehnung in der TXA-Gruppe einen Nutzen durch die TXA-Gruppe nahelegt, konnte das neurologische Ergebnis nicht verbessert werden.
  • Möglicherweise war die Studiengröße zu gering, um einen statistisch signifikanten Effekt zu sehen. In der CRASH-2 und der WOMAN-Studie waren 10 mal so viele Patienten inkludiert.

Fazit für die Praxis:

  • Die TXA-Gabe bei intrazerebraler Blutung bringt nach der aktuellen Studienlage zwar keinen Vorteil, schadet aber auch nicht.
  • Vielleicht kann eine deutlich größer angelegte Studie einen signifikanten Effekt zeigen.
  • Am ehesten kann man sich bei ICB-Patienten mit einem „niedrigen“ Ausgansblutdruck ≤170 mmHg systolisch für die TXA-Gabe entscheiden.
  • Diese Daten beziehen sich auf eine ICB mit nicht-traumatischer Ursache. Hinsichtlich des Nutzen der Gabe von TXA auf das neurologische Behandlungsergebnis beim Schädel-Hirn-Trauma-Patienten läuft aktuell die CRASH-3-Studie. Ursprünglich war hier der Einschluss von 10.000 Patienten geplant, inzwischen wurden aber schon rund 12.500 Patienten randomisiert (https://crash3.lshtm.ac.uk/). Der Grund dafür ist unklar und wird sicher zu Diskussionen führen.

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