Thomas E. Grissom aus dem R Adams Cowley Shock Trauma Center hat einen interessanten Artikel zum Atemwegsmanagement beim Traumapatienten publiziert:
Grissom TE. Trauma Airway Management. Considerations and Techniques. Anesthesiology News (PDF)
Hierbei fokussiert Thomas E. Grissom vor allem auf das innerklinische Atemwegsmanagement und natürlich sind auch systemimmanente Unterschiede des deutschen/europäischen und deutschen Rettungsdienst/Notaufnahme-Systems zu berücksichtigen, aber dennoch ein paar wichtige Punkte:
- Innerklinische Narkoseeinleitung und Atemwegsmanagement beim Traumapatienten
- Teamaufgabe (TEAM APPROACH)
- geschultes Personal zur Notfallkoniotomie sollte bei erwarteten schwierigen Atemweg oder Halsverletzungen vor Ort sein
- Ziel ist ein möglichst hoher First-pass-success
- Risiko einer Aspiration
- deutlich erhöht!
- alle Patienten sind aspirationsgefährdet und ggf. unkooperativ
- insbesondere bei begleitender Intoxikation, Schädel-Hirntrauma, trauma-induzierter reduzierter Magenmotilität, Unkenntnis der letzten Nahrungsaufnahme
- pharnygeale Blutungen, Blutungen aus dem maxillofacialen Bereich, Fremdkörper
- Indikationen für eine Atemwegssicherung
Rapid Sequence Induction und Intubation
- Risiko der Aspiration
- Cricoiddruck (Sellick Manöver) wird sehr kontrovers diskutiert, Sicht auf die Stimmbandebene und Maskenbeatmung ggf verschlechtert
- Medikamentenauswahl:
- cave: viele Traumapatienten sind hypovoläm
- Auswahl sollte sich richten nach der Schaffung optimaler Intubationbedingungen unter möglichst geringem Einfluss auf den hämodynamischen Zustand
- Gabe parallel zur Volumentherapie (wenn nötig)
- Etomidate (Diskussion des Einflusses auf die Nebennierenrinde)
- Ketamin (ältere Diskussion um die Eignung von Ketamin beim Schädel-Hirntrauma ist nicht mehr aktuell)
- Propofol, Thiopental und Benzodiazepine sollen nur mit Vorsicht appliziert werden (s. hierzu auch die Sicht der S1 Leitlinie Notfallnarkose, die von dieser Stellungnahme deutlich abweicht)
- Succinylcholin und Rocuronium je nach klinischer Situation (unter Beachtung der Nebenwirkungen)
- Vor Narkoseeinleitung:
- Präoxygenierung
- Antizipiere die vorliegenden Verletzungen
- Beachte die physiologische Situation (Hämodynamik, Oxygenierung)
- Vorbereitung eines Plan B mit anderen Intubationsinstrumenten oder Techniken (ggf. fiberoptische Wachintubation)
- Evaluiere den schwierigen Atemweg
- Patientencharakteristika
- Cervikale Immobilisation
- hämodynamische Situation
- LEMON-Law
- Look external (Gesichtstrauma, große Schneidezähne, Bartträger, große Zunge)
- Evaluate 3-3-2 rule
- Mallampati Score (häufig nicht nutzbar, daher heute nicht mehr integriert)
- Obstruktionen (Zungenschwellungen, pharyngeale Hämatome)
- Neck-Immobilisation
- Nutzung der Videolarnygoskopie (unter dem Wissen, dass es bei Blut und Sekret im Mundrachenraum rasch mal zu einer Linsenkontamination kommen kann)
- typisch amerikanisch wird die Verwendung eines „bougie“ empfohlen