Sepsis: Auswirkung der verzögerten 2. Gabe eines Antibiotikums

Auf die Wichtigkeit eine raschen Detektion und effektiven Antibiotikagabe bereits in der Notaufnahme bei Sepsis haben wir bereits mehrfach hingewiesen (Post 1, Post 2, Post 3, Post 4).

Auch kennen wir die Schwierigkeit der zeitnahen Aufnahme eines Patienten von der Notaufnahme auf eine Station (sog. Crowding, Over-Crowding).

Leisman D, et al. Delayed Second Dose Antibiotics for Patients Admitted From the Emergency Department With Sepsis: Prevalence, Risk Factors, and Outcomes. Crit Care Med 2017; 45:956–965


In einer retrospektive Kohortenstudie untersuchten Leisman et al. die Häufigkeit und die Ursachen für eine verzögerte 2. Antibiotikagabe für Patienten, die von der Notaufnahme mit Sepsis auf eine Krankenhausstation in den USA aufgenommen werden.

Methodik: Vor diesem Hintergrund wurden konsekutiv alle erwachsenen Patienten, die aus der Notaufnahme mit einer Sepsis oder einem septischen Schock (Definition: ≥2 SIRS-Kriterien, Hypoperfusion/Organdysfunktion) auf eine Krankenhausstation aufgenommen wurden evaluiert.

Ausgeschlossen wurden alle Patienten,

  • die keine initiale Antibiotikagabe in der Notaufnahme erhielten,
  • die verstarben bevor eine 2. Antibiese appliziert werden konnte und
  • Patienten, die die Gabe von Antibiotika ablehnten.

Das Zeitintervall zwischen 1. und 2. Antibiotikagabe wurde gemessen und evaluiert, wie häufig dieses  ≥25% des für dieses Antibiotikum empfohlene Zeitintervall überschritt.

Ergebnisse: Ausgehende von 828 septischen Patienten wiesen 272 (33%) ein Zeitinverall zwischen der 1. und 2. Antibiotikagabe auf, dass ≥25% länger als das für dieses Antibiotikum empfohlene Zeitintervall war.

Bei 1/3 der Patienten kommt es zu einer Verzögerung in der Applikation der 2. Dosis des Antibiotikums.

Das Zeitintervall bis zur 2. Gabe des Antibiotikums wurde insbesondere überschritten, wenn ein Antibiotika mit einem kürzen Dosisintervall angewendet wurde:

  • 4% Verzögerungen bei Wiederholungsgaben des Antibiotikums alle 24 h
  • 26% Verzögerungen bei Wiederholungsgaben des Antibiotikums alle 12 h
  • 47% Verzögerungen bei Wiederholungsgaben des Antibiotikums alle 8 h
  • 72% Verzögerungen bei Wiederholungsgaben des Antibiotikums alle 6 h

Zu Verzögerungen für die 2. Antibiotikagabe kam es insbesondere:

  • bei längeren Wartezeiten bis zur stationären Aufnahme (aus der Notaufnahme)
  • bei (paradoxerweise) erfülltem 3-h Bündel der Sepsistherapie, und
  • bei älteren Patienten …

Eine verzögerte 2. Antibiotikagabe war in dieser Studie mit einer höheren Krankenhausterblichkeit (Odds Ratio (OR): 1,61; 95%CI: 1,01–2,57) und einer höheren Anzahl an  mechanischen Beatmungen (OR: 2,44; 95%CI: 1,27–4,69) assoziiert. D.h. bei Patienten mit verzögerter zweiten Gabe des Antibiotikums, kam es im Vergleich zur zeitgerechten 2. Applikation zu 1,6-fach mehr Sterbefällen und 2,4-fach häufiger zu Beatmungen auf der Intensivstation. Möglicherweise sind diese Ergebnisse auch dahin zu interpretieren, dass Patienten, denen bereits eine Antibiose erhalten haben, weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird.


Welche Schlüsse ziehen wir aus dieser Arbeit, auch unter der Berücksichtigung, dass die Verhältnisse in US-amerikanische Notaufnahmen nicht unbedingt immer und unkritisch auf deutsche Notaufnahmen übertragen werden können:

ad 1) Das Zeitintervall bis zur 2. Antibiotikgabe sollte in der Notaufnahme bekannt sein und antizipiert werden.

ad 2)  Kommt es zu Verzögerungen bei der Aufnahme eines Patienten (z.B. bis eine Krankenhaus- oder Intensivstationsbett gefunden wurde), sollte der Zeitpunkt der 1. Antibiotikagabe dokumentiert und die 2. Antibiotikagabe zu einem definierten Zeitpunkt bereits angeordnet und geplant werden. 

ad 3) Der Zeitpunkt der 2. Applikation des Antibiotikums sollten bei der Übergabe der Patienten auf Station schriftlich fixiert (z.B. Notaufnahmebrief)  und übergeben werden. 

Wenn man diese drei Punkte berücksichtigt, könnte man auch gleich die Hausmedikation des Patienten prüfen und die entsprechenden Anordnungen hierfür treffen (wenn der Patient noch in der Notaufnahme ist) und auch vorausschauende Anordnungen für die Volumentherapie und die Thromboseprophylaxe treffen, oder?


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