Ist der Rettungsdienst die Antwort ?

In den vergangenen Jahrzehnten haben wir auf die Zunahme der rettungsdienstlichen und notärztlichen Einsätze mit einer immer weiter steigenden Vorhaltung reagiert.

Schon 2015 haben Alex Lechleuthner und Martin Wesolowski (Köln) in einem Beitrag für die im Kohlhammer-Verlag erscheinende Zeitschrift BRANDschutz dieses Thema aufgegriffen und konnte zeigen, dass die Zahl spezifischer Einsatzindikationen wie Herzinfarkt, schweres Trauma oder Schlaganfall nicht zugenommen haben. Anhand von Beispielen wurde aufgezeigt, dass viele Patienten eines unmittelbaren Eisatzes des Rettungsdienstes zur Abwendung einer vitalen Bedrohung nicht bedürfen, sondern nur einer zeitnahnen Untersuchung und Behandlung, die durchaus ein bis zwei Studen Zeit gehabt hätten. Darüber hinaus wird aber auch ausgeführt das Patienten mit einer akuten Symptomatik (vorallem, wenn sie selbst nicht mobil sind, um den Hausarzt oder eine Notaufnahme aufzusuchen) oft keine andere Möglichkeit haben, als sich an den Rettungsdienst zu wenden.

Dieses Phänomen wird nun von einer Publikation aus Finnland aufgegriffen. In Acta Anaesthesiologica Scandinavica befassen sich Marko Hoikka und Kollegen mit rettungsdienstlichen Einsätzen ohne anschließenden Transport.

Hoikka M, Silfvast T, Ala-Kokko TI. A high proportion of prehospital emergency patients are not transported by ambulance: a retrospective cohort study in Northern Finland. Acta Anaesth Scand 2017; 61:  549–56. http://doi.org/10.1111/aas.12889

Dabei wurden retrospektiv über 6 Monate über 13.000 rettungsdienstlichen Einsätze in zwei Krankenhausbezirken in Nordfinnland ausgewertet. Bei etwas mehr als 10.000 Patienten war eine Erkrankung die Einsatzindikation, die übrigen hatten ein Trauma unterschiedlicher Ausprägung erlitten. 41,7 % der Patienten wurden vom Rettungsdienst gesehen, behandelt und zuhause belassen oder an den örtlichen Gesundheitsdienst verwiesen.

Die Autoren diskutieren, ob die Disposition durch die Leitstellen besser sein könnte, verweisen aber auch darauf, dass sie keine Aussage machen können über die Qualität der Entscheidungen die Patienten nicht zu transportieren.

Interessant wird die Darstellung aus einem anderen Gesichtspunkt: Offensichtlich hat nicht-ärztliches Rettungsfachpersonal in Finnland die (juristische) Kompetenz, Patienten auch zuhause zu lassen. Wir wissen aus den USA das 70 % der mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahmen gebrachten Patienten ambulant wieder entlassen werden. Dabei sind sicher auch Patienten, welche durch Paramedics nicht zuhause gelassen werden dürfen. Wenn zukünftig in Deutschland viele Patienten, welche im Moment möglicherweise nach notärztlicher Therapie zuhause bleiben, durch Notfallsanitäter versorgt und anschließend einem Arzt (häufig in der Notaufnahme) vorgestellt werden müssen, könnte dies das Problem des „Over-Crowdings“ in den Notaufnahmen aggravieren.

Deshalb sind wir alle (Notärzte, Notfallsanitäter, Ärztliche Leiter ebenso wie Politiker) gefordert, Lösungen zur erarbeiten, um diesem Problem zu begegnen.


weitere Literatur zum Thema:

Hettinger AZ, Cushman JT, Shah MN, Noyes K. Emergency medical dispatch codes association with emergency department outcomes. Prehosp Emerg Care 2013; 17: 29–37

Gray JT, Wardrope J. Introduction of non-transport guidelines into an ambulance service: a retrospective review. Emerg Med J 2007; 24: 727–9

3 thoughts on “Ist der Rettungsdienst die Antwort ?

  1. Nicht unerheblich beeinflusst möglicherweise in Deutschland auch ein Fehlanreiz, durch die stark divergierende Vergütung der ambulanten Versorgung vor Ort und der Krankenhauseinweisung durch einen Notarzt, die Entscheidung in Richtung Transport.

  2. Sicherlich ein ebenso interessanter wie auch wirtschaftlich logischer Lösungsansatz. Leider aber aufgrund der unterschiedlichen LänderVorgaben schwer umsetzbar . Ich sehe hier vorrangig eine politische Handlungsaufgabe

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