HERMES – Der Götterbote verkündet…

Hermes_4HERMES – Der Götterbote verkündet in der griechischen Mythologie die Beschlüsse des Zeus und führt die Seele der Verstorbenen in den Hades.


Die Versorgung von Schlaganfallpatienten stellt für alle Notfallmediziner eine ganz besondere zeitkritische Herausforderung dar. Am 18. Februar 2016 präsentierte nun Professor Mayank Goyal et al. die HERMES (Highly Effective Reperfusion evaluated in Multiple Endovascular Stroke Trials)-Studie, eine gepoolte Analyse der individuellen Patientendaten der letzten 5 großen randomisierten Studien in der Schlaganfalltherapie:

Goyal M et al. Endovascular thrombectomy after large-vessel ischaemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomised trials. Lancet 2016, http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)00163-X

In diese Auswertung sind eingeflossen: MR CLEAN, ESCAPE, REVASCAT, SWIFT PRIME, EXTEND-IA. Die Artikel sind im OPEN ACCESS Format am Ende des Blogs einzusehen.

Goyal et al. schlossen in die HERMES-Metaanalyse Patienten mit ischämischen Schlaganfällen ein, die durch einen Verschluss in der proximalen vorderen arteriellen Zirkulation (A. cerebri media und Carotis-T-Verschluss) verursacht wurden, und randomisierten die Patienten entweder zu einer Therapie mittels endovasculärer Thrombektomie binnen 12 Stunden oder einer konventionellen Lysetherapie (Kontrolle). Der primäre Endpunkt der Untersuchung war eine reduzierte Behinderung nach 90 Tagen, ermittelt durch die modifizierte Rankin-Skala (mRS).

In der Metaanalyse wurden 634 Patienten mit endovasculärem Eingriff und 653 Patienten mit alleiniger Lysetherapie verglichen. Die endovasculäre Therapie zeigte dabei eine deutliche Reduktion des neurologischen Schadens im Vergleich zur alleinigen Lysetherapie [adjustierte Odds ratio (OR): 2,49, 96%CI: 1,76-3,53, p<0,0001]. Die aus diesen Ergebnissen kalkulierte „Number Needed to Treat“ (NNT) betrug für die endovasculäre Therapie zur Reduktion des neurologischen Schadens um einen Skalenwert auf der mRS für einen Patienten 2,6. Subgruppenanalysen zeigten einen Vorteil der endovasculären Therapiestrategie für Patienten im Alter >80 Jahren (OR: 3,68, 95%CI: 1,95-6,92), für Patienten, die 300 min nach Symptombeginn randomisiert wurden (OR: 1,76, 95%CI: 1,05-2,97) und für Patienten, die sich nicht für eine Lyse mittels Alteplase qualifizierten (OR: 2,43: 95%CI: 1,30-4,55). Zwischen der endovasculären Therapie- und der Lysetherapie-Gruppe fand sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich Letalität (15,3 vs. 18,9%), parenchymaler Hämatome (5,1 vs. 5,3%) und symptomatischer intracerebraler Blutungen (4,3 vs. 4,3%).

Die Ergebnisse des neurologischen Behandlungsergebnisses an Tag 90 im Überblick:

Gesamte Studienpopulation:

HERMES1A

Subgruppe an Patienten, die nicht mit Alteplase behandelt wurden:

HERMES2A

Subgruppe an Patienten, die mit Alteplase behandelt wurden:

HERMES2B


Take-Home-Messages:

  • bei einem Schlaganfall der proximalen vorderen arteriellen Zirkulation (A. cerebri media und Carotis-T-Verschluss) zeigte sich nach endovasculärer Therapie eine Verdoppelung des guten neurologischen Behandlungsergebnisses im Vergleich zur aktuellen Standardtherapie
  • diese guten Ergebnisse liessen sich auch für Patienten im Alter >80 Jahren bzw. bei Patienten, die 300 min nach Beginn der Symptomatik behandelt wurden, nachweisen
  • es fand sich eine vergleichbare Letalität und Komplikationsrate für die endovasculäre Therapie im Vergleich zur Standardtherapie

Schlüsselpunkte für den Notfallmediziner – Was ist wichtig?

  • rasches Erkennen des Patienten mit Schlaganfall im Rettungs-/Notarztdienst und der Zentralen Notaufnahme
  • Zuführung in geeignetes Therapiezentrum, ggf. Postprimärverlegung
  • Etablierung vorab abgesprochener Patientenwege inkl. Diagnostikpfade und Entscheidungsbäume (Absprache zwischen Rettungs- und Notarztdienst – Zentraler Notaufnahme – Neurologie/Stroke Unit)
  • Vorbereitung auf ggf. notwendige Notfallnarkose, Intubation und Beatmung sowie Kreislaufstabilisierung vor Zuführung zur endovasculären Therapie, hierbei klare Versorgungsstrategien und Teamarbeit („keine Zeit für Streit im Notfall“)

Die 5 großen Studien zum Nachlesen:

  • Berkhemer OA, et al. A randomized trial of intraarterial treatment for acute ischemic stroke. N Engl J Med 2015; 372: 11-20 (MR CLEAN) (PDF)
  • Goyal M, et al. Randomized assessment of rapid endovascular treatment of ischemic stroke. N Engl J Med 2015; 372:1019-1030 (ESCAPE) (PDF)
  • Saver JL, et al. Stent-retriever thrombectomy after intravenous t-PA vs. t-PA alone in stroke. N Engl J Med 2015; 372:2285-2295 (SWIF PRIME) (PDF)
  • Jovin TG, et al. Thrombectomy within 8 hours after symptom onset in ischemic stroke. N Engl J Med 2015; 372:2296-2306 (REVASCAT) (PDF)
  • Campbell BC, et al. Endovascular therapy for ischemic stroke with perfusion-imaging selection. N Engl J Med 2015; 372:1009-1018 (EXTEND-IA) (PDF)

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