10 Dinge, die man wissen sollte … Geriatrische Patienten

Guillaume Leblanc und Kollegen verfassten unlängst einen Artikel zu den 10 Dingen, die man wissen wollte zum geriatrisch kritisch kranken Patienten:bildschirmfoto-2016-12-27-um-11-58-45

Leblanc G, et al. Ten things to know about critically ill elderly patients. Intensive Care Med 2016; DOI 10.1007/s00134-016-4477-2

 


  • Anteil älterer Patienten >60 Jahre nimmt 12% in 2013 auf 21% in 2050 zu (Vorhersage)
  • in der medizinischen Versorgung werden Rettungsdienst und Notaufnahmen daher immer mehr mit geriatrischen Patienten konfrontiert
  • 10-20% aller ICU-Aufnahmen entfallen auf Patienten im Alter >80 Jahren

1.Der Vorteil einer Intensivmedizin in dieser Patientengruppe wird kontrovers diskutiert …

  • höhere Prävalenz chronischer Erkrankungen
  • reduzierte physiologische Reserve bei akuten Erkrankungen
  • höheres Risiko zu versterben bei akuten Erkrankungen

2. Wenige Punkte helfen bei der Triage zur ICU-Aufnahme …

  • es fehlen klare Kriterien, die helfen diejenigen Patienten zu identifzieren, die von einer intensivmedizinischen Therapie profitieren
  • eine entsprechende Triage sollte nicht alleine vor dem Hintergrund des Alters erfolgen
  • Gebrechlichkeit ist eine Risikofaktor
  • ein ungünstiges Behandlungsergebnis sollte erwartet werden bei:
    • schlechte funktioneller und nutritiver Basis-Status,
    • schlechte Lebensqualität vor dem Ereignis,
    • aktive Tumorerkrankung,
    • kardiopulmonaler Reanimation,
    • Do-not-resuscitat (DNR)-Order

3. Sowohl Patienten, als auch die Angehörige sollten am Entscheidungsprozess beteiligt werden …

  • Berücksichtigung des Patientenwunsch
  • viele Menschen bevorzugen einen höheren Komfort im Vergleich zur hohen Invasivität der Maßnahmen
  • Erhöhung der Qualität und Quantität der Kommunikation mit den Angehörigen

4. Ein ICU-Behandlungsversuch kann versucht werden …

  • wenn der Vorteil einer ICU-Therapie unklar ist bzw. der Patient hinsichtlich einer ICU-Therapie ambivalent ist
  • engmaschige Reevaluation nach 48-72 h
  • je nach klinischer Entwicklung und Patientenwunsch kann immer noch eine Therapie-Deeskalation (step down) erfolgen

5. Letalität älterer ICU-Patienten ist hoch …

  • die ICU-Letalität von Patienten >80 Jahren: 16-25%
  • die innenklinische Letalität dieser Patienten: 25-45%
  • die 1 Jahresletalität dieser Patienten: 70%
  • Unterschiede zwischen dem ICU-Behandlungsergebnis (Letalität) bei Elektivoperationen und Behandlung wegen internistischer Erkrankungen sind bedeutend

6. Zahlreiche ältere Patienten sterben zeitnah nach einer ICU-Entlassung …

  • 20% der von einer ICU auf Normalstation verlegten Patienten sterben im weiteren stationären Behandlungsverlauf
  • ggf. könnte die Verlegung auf geriatrische Stationen das Behandlungsergebnis verbessern

7. Wenige Patienten weisen eine gute Erholung 1 Jahr nach ICU-Behandlung auf …

  • nur 25% aller ICU-Aufnahmen geriatrischer Patienten > 80 Jahren haben nach einem Jahr ein Behandlungsergebnis vergleichbar zum Vorstatus

8. Es gibt Alternativen zur ICU-Therapie…

  • Intermediate Care Unit (IMC, weniger humane und technische Ressourcen)
  • geriatrische Allgemeinstationen

9. Dokumentierte End-of-life-Entscheidungen… 

  • proaktiv Festlegung des Patientenwunsches im Vorfeld wird zunehmend wichtig
  • häufig ist der Patientenwunsch aber leider nicht adäquat dokumentiert

10. Es gibt auch eine soziale Perspektive…

  • es besteht zunehmend ein Spannungsfeld zwischen verfügbarer ICU-Ressource und potentiellen Patienten
  • hier besteht weitere Forschungsbedarf

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Abb.1: Grafische Aufarbeitung der Entwicklung des Behandlungsergebnisses nach Leblanc et al. IMC 2016; DOI 10.1007/s00134-016-4477-2

In der Notfallmedizin werden wir zunehmen mit immer älter werdenden kritisch kranken Patienten konfrontiert. Die hier aufgezeigte und von Guillaume Leblanc geführte Diskussion wird uns daher immer mehr beschäftigen. Eine gemeinsame Lösungsstrategie mit allen an der medizinischen Versorgung Beteiligten, vom Patienten, Hausarzt über den Rettungsdienst, die Notaufnahmen und die Intensivstationen, wird konstruktiv und vor allem im Sinne unserer Patienten zu erarbeiten sein: Gehen wir diese spannende Aufgabe gemeinsam an!


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