Ultraschall – das neue Stethoskop des Notaufnahmearztes?

Im August hatten wir in Zusammenarbeit mit  den Organisatoren des Hauptstadtkongresses der DGAI für Anästhesiolgie und Intensivtherapie drei Tickets für die Teilnahme an diesem virtuellen Kongress im Wert von je € 120,- ausgeschrieben und dafür aufgerufen Gastbeiträge für News-Papers zu schreiben.

Gastbeitrag von Dr. Maximilian Feth, Bundeswehrkrankenhaus Ulm:       Seit den 1950er Jahren erfreuen sich sonographische Untersuchungen aufgrund steter technischer Neuerungen und fehlender Invasivität zunehmender Begeisterung. In den letzten Jahren nimmt auch die Bedeutung des Ultraschalls mit FAST-, FEEL- und Rush-Protokollen in der Notfallmedizin zu. In einer aktuellen Studie im Scandinavian Journal of Trauma, Resuscitation and Emergency Medicine stellen sich Weile et al die Frage, inwieweit Point-of-Care-Ultraschall-Untersuchungen (POCUS) bei einem unselektierten Patientengut einer durchschnittlichen Notaufnahme als Routineuntersuchung zur Festlegung von Diagnsotik und Therapie hilfreich sein kann.

Weile J, Frederiksen CA, Laursen CB, Graumann O, Sloth E, Kirkegaard H. Point-of-care ultrasound induced changes in management of unselected patients in the emergency department – a prospective single-blinded observational trial. SJTREM 2020; 28: 47 PDF

Methodik:

  • Prospektiv-monozentrische einfach verblindete Beobachtungsstudie in einer durchschnittlichen dänischen Notaufnahme
  • Annahme: POCUS führt zu einer Änderung des Procederes in 8% der Fälle.
  • POCUS-Untersuchungsgang immer durch den Studienleiter: orientierende Echokardiographie, FAST-Protokoll zur Suche nach freier Flüssigkeit, orientierender Lungenultraschall sowie orientierender Abdomenultraschall (Gallenblase, Aorta, Nieren)
  • 403 Patienten (Durchschnittsalter 55,7 Jahre, 61,3% männlich) wurden nach Anamnese und erster körperlicher Untersuchung mittels POCUS-Protokoll evaluiert. Danach wurde in einem Interview zwischen Studienleiter und behandelndem Arzt erst das ursprüngliche Procedere erfragt und nach Bekanntgabe der POCUS-Ergebnisse eine mögliche Regimeänderung besprochen.
  • Einteilung der Regimeänderung durch POCUS in 5 Kategorien
    • I = Keine Pathologie/ Keine neue Information
    • II = Neue Pathologie, jedoch keine weitere Handlung nötig
    • III = weitere Diagnostik benötigt
    • IV = Verdachtsdiagnose bestätigt
    • V = sofortige Therapie nötig

 Ergebnisse:

      • POCUS führte zu einer Änderung des Procederes (III, V) in 1/6 aller Fälle und bestätigte die Verdachtsdiagnose (V) in 1/10 der Fälle.
      • Damit war der Benefit durch eine POCUS-Untersuchung in 27 % aller Fälle gegeben und somit signifikant häufiger als angenommen. (p < 0.001)
      • In der Subgruppenanalyse war POCUS noch häufiger hilfreich, wenn bei dem Patienten
        • Eine kardiale (hilfreich in 45,6%), pulmonale (hilfreich in 55%) Vorerkrankung oder eine arterielle Hypertonie (hilfreich in 41,6%) bestand.
        • Als Leitsymptom eine Dyspnoe (hilfreich in 65%), ein unklarer Abdominalschmerz (hilfreich in 43,5%) oder eine Synkope (hilfreich in 34,6%) angegeben wurde.
        • Ein Triagegrad bei Aufnahme > 1 bestand. (RETTS-HEV-Triage)
      • Limitationen der Studie: alle POCUS-Untersuchungen durch den Studienleiter; benötigtes Ausbildungslevel aktuell unklar

Die vorliegende Studie zeigt, dass eine bettseitige, fokussierte Ultraschalluntersuchung schnell und mit wenig Aufwand wegweisend für Diagnostik und Therapie von Notfallpatienten sein kann. Mit 21% hilfreichen Ultraschalluntersuchungen bei diesem unselektierten Patientengut einer ZNA und einer zusätzlich stärker ausgeprägten Wegweiserfunktion bei bestimmten Patienten (gewisse Vorerkrankungen, Leitsymptome, Triagegrade s.o.) ist eine POCUS-Untersuchung sicherlich eine nichtinvasive und kostengünstige Hilfe in der Behandlung von ZNA-Patienten. Weitere Studien sollten sich mit der Frage eines validierten Untersuchungsganges und dem Aufbau einer POCUS-Ausbildung für ZNA-Mitarbeiter beschäftigen. Zusammenfassend wird das Ultraschallgerät wohl nie die körperliche Untersuchung völlig ersetzen, aber es kann uns eine wertvolle Hilfe sein.

2 thoughts on “Ultraschall – das neue Stethoskop des Notaufnahmearztes?

  1. Ich beobachte immer häufiger, dass in Notaufnahmen mehr Sonografiegeräte stehen. Meine Schwester ist Krankenschwester und hat mir auch gesagt, dass das bei schneller Diagnostik wirklich sehr hilfreich ist. Es ist wirklich sehr interessant, dass die Studie ebenfalls zu dem Ergebnis kommt. Teilweise liegen die Ergebnisse um die 50% oder sogar höher, das ist ein deutliches Ergebnis.

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