#FightingCorona: Mobiles Einsatzteam (MET): Ein neues Konzept der Berufsfeuerwehr Köln in Zeiten der Pandemie.

Für das MET Team der Berufsfeuerwehr Köln berichten Dr. R. Stangl, A. Viethen, A. Söntgerath, A. Jansen und Prof. Dr. Dr. A. Lechleuthner: 

Die neuen Gegebenheiten der globalen Pandemie bedingen einen erheblichen Druck auf das gesamte Gesundheitssystem und zwingen zu neuen Denkmustern und innovativen Lösungen.

Die Berichte aus dem Ausland, im Besonderen auch die eindrücklich beschriebenen Erfahrungen aus Norditalien, zeigen eine neue Problematik auf. Der Rettungsdienst und das Krankenhaus können durch die erhöhte Belastung zu Vektoren für die Virusausbreitung werden. Patienten strömen selbständig zum Krankenhaus oder werden vom Rettungsdienst transportiert -eine sichere Trennung in Infizierte und Nicht-Infizierte ist nicht möglich- und durch den oft unbemerkten Einsatz von betroffenem Personal beschleunigt sich die Dynamik der Virusausbreitung. Im Krankenhaus besteht -auch bei nur kurzen Behandlungen- durch Wartezeiten und Kontakt zu Material, anderen Patienten und Personal ein Infektionsrisiko. Gerade der frühzeitig wieder nach Hause oder ins Pflegeheim entlassene Patient kann zum Vektor werden. Neben hygienischen Interventionsmöglichkeiten wurde daher in Köln eine zusätzliche notfallmedizinische Versorgungsstrategie entwickelt.

Allein die Menge der zu versorgenden Patienten bedingt erheblichen Druck auf die Intensivstationen, besonders aber auch auf die Notaufnahmen.

Nicht zuletzt bedeutet der Transport älterer und vorerkrankter Patienten in ein kritisch belastetes klinisches Umfeld eine infektiologisch riskante Exposition vulnerabler Patientengruppen. Einer hochwertigen, ambulanten Versorgung kommt daher ein großer Stellenwert zu, da sie die Menge der Transporte reduziert, die Notaufnahmen entlastet und die Patienten in vertrauter, infektiologisch risikoarmer Umgebung belassen kann und auch das soziale Umfeld vor Infektionsverschleppung schützt.

Unter den veränderten Bedingungen entstand das Einsatzkonzept des Mobilen Einsatz Teams (MET), das aktuell konzipiert wurde und seit dem 31.03.2020 im operativen Einsatz ist.

Das MET besteht aus einem Standard-NEF mit zusätzlicher Ausstattung:

  • Eine erweiterte Medikamentenausstattung mit zahlreichen oralen Standardmedikamenten (Antibiotika, kardiovaskuläre Pharmaka, orale Standardanalgetika)
  • mobile Sonographie (Sonosite IViz®, GE Vscan extend®)
  • Urindiagnostik (Uro-Stix)
  • mobile BGA (Abbott I-stat®)
  • Abstrichdiagnostik für COVID-19 Diagnostik

Personell ist das MET mit einem erfahrenen Notarzt und einem Notfallsanitäter oder Rettungsassistenten besetzt. Das ärztliche Team setzt sich aus Notfallmedizinern mit überwiegend internistischem Hintergrund und Facharztstandard zusammen.

Aktuell wird das MET zu folgenden Einsatzspektren disponiert:

Trifft im Rahmen eines Standardrettungsdiensteinsatzes ein RTW auf einen Patienten der nach Primärbehandlung nicht vital gefährdet ist und keiner unmittelbaren klinischen Behandlung bedarf, so kann das MET über die Leitstelle nachgefordert werden. Der Patient bleibt vor Ort und wird dann vom MET im häuslichen Umfeld weiter betreut. Somit ist eine qualifizierte, zeitnahe ärztliche Behandlung sichergestellt und eine eventuell erforderliche (orale) medikamentöse Therapie kann durch das Team des MET initiiert werden.

Hierbei kann häufig auf den sonst üblichen Transport in die Notaufnahme eines Krankenhauses verzichtet werden. Intensive Kooperationsbemühungen zielen darauf ab, den Patienten dann möglichst zeitnah in die etablierten Strukturen der ambulanten, insbesondere hausärztlichen Versorgung zu übergeben. Ist dies nicht gewährleistet -da zum Beispiel der Hausarzt im Rahmen der Pandemie keine Hausbesuche durchführen kann- so kann an den Folgetagen eine Weiterbehandlung mit Verlaufskontrollen durch das MET erfolgen. Durch die strukturierte Reevaluation erweitert sich der medizinische Handlungsspielraum.

Insbesondere im Setting von Pflegeeinrichtungen ist so eine intensive ambulante Behandlung möglich und mehrere Hin- und Rücktransporte aus dem Krankenhaus mit dem Risiko einer Infektionsverschleppung können verhindert werden.

Es resultiert nicht nur eine Reduktion von Rettungsdiensttransporten, sondern auch eine Entlastung der klinischen Notaufnahmen.

Eine bereits primäre Entsendung des MET bei nicht vitalen Notfällen ist ebenfalls möglich. Der 24/7 an die Leitstelle der BF Köln angebundene LNA ist bei der Disposition als ad hoc konsultierbare medizinische Expertise von entscheidender Bedeutung.

Ambulante Betreuung von COVID-19 Patienten:

COVID-19 Patienten, die vom Rettungsdienst gesehen werden und die keiner unmittelbaren stationären Versorgung bedürfen, können vom MET ambulant weiterbetreut werden, wenn der Hausarzt nicht erreichbar ist oder wegen fehlender Schutzkleidung nicht kommen kann.

In Köln werden viele Patienten in Quarantäne vom Gesundheitsamt telefonisch nachverfolgt und betreut. Entsteht bei den Telefonaten der Eindruck, dass eine zeitnahe medizinische Beurteilung oder Intervention vor Ort erforderlich ist, so ist das MET ein Einsatzmittel, das eine Handlungsfähigkeit der städtischen Gesamtstruktur über Abteilungsgrenzen hinaus belastbar operativ gewährleistet.

Praktisches Vorgehen und Lessions learned….

Erkrankte COVID-19 Patienten werden in häuslicher Umgebung vom MET täglich aufgesucht. Bei akuter Zustandsverschlechterung besteht über Notruf weiterhin jederzeit die Möglichkeit, unmittelbar Hilfe anzufordern. Die tägliche Reevaluation besteht aus klinischer Untersuchung und obligater Erhebung der SpO2. Optional besteht die Möglichkeit zum pulmonalen Ultraschall, der regelmäßig zur Anwendung kommt. Aktuell orientieren wir uns an dem von der TU München und der DEGUM vorgeschlagenen Protokoll zum pulmonalen Ultraschall. In der Zusammenschau dieser Befunde ist eine gründliche Evaluation des aktuellen Status und des klinischen Verlaufs möglich, die deutlich über den in der ambulanten Medizin sonst gegebenen Möglichkeiten liegt.

Ein großer Teil der Patienten kann so komplikationslos im häuslichen Umfeld betreut werden. Das gegenwärtig praktizierte System scheint geeignet, dieses Patientenkollektiv ambulant zu betreuen und dennoch relevante Zustandsverschlechterungen auf einem hohen Sicherheitsniveau zu detektieren um die kritisch Erkrankten dann gezielt einer klinischen Behandlung zuzuführen.

Wir können die auch anderorts berichtete Erfahrung bestätigen, dass es zwischen Tag 5 und 10 nach Krankheitsbeginn zu einer kritischen Zustandsverschlechterung kommen kann. In einzelnen Fällen konnten profunde Hypoxämien mit einer SpO2 <80% beobachtet werden, ohne dass es zu einer vom Patienten unmittelbar geklagten Zustandsverschlechterung kam. In einigen der beobachteten Fälle konnten im Lungen-Ultraschall vermehrt B-Linien dargestellt werden. B-Linien sind als Zeichen der beginnenden pulmonalen Flüssigkeitsvermehrung als frühes Zeichen der COVID-19 induzierten Lungenveränderungen beschrieben und stellen möglicherweise ein Warnzeichen dar, das hinweisend auf einen komplizierten Verlauf ist. Dies unterstreicht den Stellenwert einer subtilen klinischen Untersuchung und zusätzlich auch ambulant verfügbarer apparativer Diagnostik sowie den zusätzlichen Benefit von Folgebesuchen.

Bei weiter steigenden Patientenzahlen befindet sich gegenwärtig ein telemedizinisch assistiertes System in Diskussion, so dass durch nichtärztliches Rettungsdienstpersonal ein Vorscreening und eine ärztlich unterstützte primäre Therapie erfolgen kann um dann eine Weiterbehandlung durch das MET gezielter einsetzen zu können.

news-papers.eu dankt im Rahmen von #FightingCorona den Kölner Kollegen, die uns so bereitwillig an Ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Good work! 

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