Zentrale pontine Myelinolyse infolge Hyponatriämie

Die Zentrale pontine Myelinolyse wird häufig als kritische Komplikation bei Hypoatriämieausgleich angeführt. Aber es gibt auch andere Ursachen: Lambeck und Kollegen haben nun einen sehr schönen Artikel zu diesem Thema im Deutschen Ärzteblatt verfasst:

Lambeck J et al. Zentrale pontine Myelinolyse und osmotische Demyelinisierungssyndrome Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 600-6; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0600 (PDF)

  • osmotische Demyelinisierungssyndrome (ODS) treten insgesamt selten auf. Bei Risikopatienten (z.B. nach einer Lebertransplantation) sind aber Inzidenzen bis zu 29 % beschrieben.
  • Ätiologisch liegt meist eine Hyponatriämie zugrunde, aber auch andere Ungleichgewichte des Osmolyt-Haushalts können ODS bedingen (z.B. Hypernatriämie, Hypokaliämie und –phosphatämie). Die Imbalancen sind oftmals von weiteren ätiologisch relevanten Komorbiditäten begleitet.
  • ODS sind charakterisiert durch einen biphasischen Krankheitsverlauf, die Klinik ist je nach Manifestationsort variabel. Die MRT gilt als diagnostischer Goldstandard, bei Verdacht und initial unauffälligem MRT sollte ggf. eine Verlaufskontrolle nach 1–2 Wochen stattfinden.
  • Die Prognose ist meist gut. Zunächst gilt es, die auslösende Grunderkrankung für die Osmolyt-Imbalance zu behandeln. Besonders bei schwerer Hyponatriämie: Prävention ODS über vorsichtige Natriumkorrektur (<12 mmol/L/24 h)
  • Es ist keine evidenzbasierte Therapie des manifesten ODS verfügbar. In schweren Fällen steht eine Immuntherapie an und Vaptane sind zu erwägen. Bei zu raschem initialen Natriumausgleich droht eine Reinduktion der Hyponatriämie.

Berechnen eines adäquaten Natriumausgleichs mit Grenzvorgaben:

  1. Zubereiten einer dreiprozentigen Natriumchloridlösung, die 514 mmol/L Natriumchlorid enthält, indem 100 ml einer zehnprozentigen und 318 ml einer 0,9-prozentigen Natriumchloridlösung gemischt werden.
  2. Berechnen des Natriumdefizits bis ein Natrium-Serumspiegels von 120 mmol/L erreicht ist: 0,5 × Körpergewicht [kg] × 120-Serumnatrium [mmol/L].
  3. Infusionsmenge [mL]: Natriumdefizit/514 × 1000
  4. Infusionsgeschwindigkeit [ml/h]: Maximales Anheben des Serumnatriums von 12 mmol/L/d, daher Infusionsmenge/24
  5. Outcome-relevante Grenzvorgabe: Natrium-Ausgleich mit <0,5 mmol/L/h entsprechend < 12 mmol/L/d

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